An starker gesetzlicher Rente führt kein Weg vorbei

Die private Altersvorsorge ist gescheitert. Dennoch ist sie Thema bei den laufenden Koalitionsverhandlungen. Dabei kann die gesetzliche Rente mehr leisten, wenn der Staat zu den richtigen Reformen bereit ist.

Laut NRW-Statistik liegt das Durchschnittseinkommen in Gelsenkirchen bei knapp 17.000 Euro im Jahr. Wenn angehenden Ampel-Koalitionäre dem Weg der FDP folgen und auf private Anlageprodukte wie eine Aktienrente oder Riester-Rente unter neuem Namen setzen, schließen sie den Großteil der Gelsenkirchener*innen von einer sicheren Rente aus. Wer wenig verdient, kann nicht „mal eben“ monatlich Geld für zusätzliche Anlagen zur Seite legen.

„Es ist unverantwortlich, dass SPD, Grüne und FDP zuschauen wollen, wie sich die Rentenkasse in den kommenden Jahren leeren werden wird und sie gleichzeitig beabsichtigen, zehn Milliarden Euro Steuergelder auf dem risikoreichen Kapitalmarkt anzulegen. Gerade der schwedische Weg zeigt, dass Aktien eine starke gesetzliche und beitragsfinanzierte Rente nur ergänzen, aber definitiv nicht ersetzen können. Aus der Aktienrente beziehen die Schwedinnen und Schweden nach 15 Jahren heute gerade einmal 86 von insgesamt 1355 Euro durchschnittlicher staatlicher Gesamtrente (6,4 Prozent)“, kommentierte Matthias Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. 

Der Mythos der teuren gesetzlichen Rente ist schlichtweg ein Mythos. Der Blick auf den Bundeshaushalt zeigt, dass der Zuschuss zur Rente aus Steuermitteln im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen des Bundes seit 2005 rückläufig ist. Anders als von den konservativen Hardlinern beschworen, steht unser Rentensystem nicht vor einem Kollaps. 

„Wagt man den Blick in die Glaskugel, wie es die EU-Kommission regelmäßig in ihrem Aging-Report tut, den in Deutschland niemand zur Kenntnis zu nehmen scheint, so werden die gesamten Rentenausgaben trotz des demographischen Wandels bis 2045 nur moderat von 10 auf 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen und dann bis 2070 voraussichtlich konstant bleiben“, schrieb Matthias Birkwald in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Dort heißt es weiter: „Und auch für die dritte Größe, die Beitragssätze zur gesetzlichen Rentenversicherung, gilt: Nie war der heutige Beitragssatz von 18,6 Prozent seit 1995 niedriger, im Gegenteil: Seit seinem Höchststand von 1997 bis 1999 mit 20,3 Prozent ist er kontinuierlich zurückgegangen, so wie auch der Gesamtbeitragssatz zu den vier Sozialversicherungen von 42,1 Prozent (1999) auf heute 39,6 Prozent zurückgegangen ist.“

Was das Rentensystem vielmehr braucht ist mehr Gerechtigkeit und eine ausreichende Absicherung gegen Altersarmut. Als Vorbild könnte dabei ein Blick nach Schweden dienen. DIE LINKE unterstützt die folgenden vier zentralen Punkte des schwedischen Rentensystems:

1. In Schweden sind alle Erwerbstätigen ausnahmslos ab 16 Jahren in der staatlichen Rentenversicherung organisiert.

2. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber tragen dort 60 Prozent der Rentenbeiträge.

3. 90 Prozent der Schwedinnen und Schweden erhalten eine ausschließlich von ihren Chefinnen und Chefs finanzierte Betriebsrente und

4. In Schweden gibt es eine ‚Garantierente‘ genannte Mindestrente, die bis zu 820 Euro beträgt und zusätzlich können Garantierentnerinnen und -Rentner bis zu 700 Euro Wohnkostenzuschüsse erhalten.

Dadurch wäre eine auskömmliche Altersvorsorge laut Birkwald finanzierbar: „An dem Tag, an dem diese vier Bausteine im deutschen Bundesgesetzblatt stünden, hätten viele Versicherte und Rentnerinnen und Rentner genug Geld für Experimente privater Vorsorge auf dem Aktienmarkt. Dann wäre ich bereit, über eine Prämienrente nach schwedischem Vorbild in Deutschland zu diskutieren. Aber bis dahin gilt für DIE LINKE: An einer starken gesetzlichen Rente im solidarischen Umlageverfahren führt kein Weg vorbei.“