Häusliche Gewalt ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Mit 899 betroffenen Personen von häuslicher Gewalt weist Gelsenkirchen eine der höchsten Fallzahlen in NRW auf. DIE LINKE. Gelsenkirchen fordert sofortiges Handeln: Mehr Plätze für Frauenhäuser und gesellschaftliche Sensibilisierung.

Dazu erklärte Ayten Kaplan, Kreissprecherin der LINKEN Gelsenkrichen: „Dass Frauen noch immer Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind, sie noch immer vergewaltigt werden, sie noch immer in extremen Fällen von Partnern oder der Familie ermordet werden, ist kein Geheimnis, doch in einer scheinbar aufgeklärten und emanzipierten Gesellschaft, wie dieser, ist es ein Skandal. Ein Skandal, der keine Nationalität oder Ethnie kennt und ein allgemeines und allgegenwärtiges Problem ist, welches keine Importware des mittleren Ostens ist, wie uns oft in der Politik suggeriert wird."

„Wir tun uns hier vor Ort schon schwer mit der Umsetzung der Istanbul Konvention. Insbesondere die Landesregierung sollte deutliche finanzielle Unterstützung gewähren. Wir brauchen mindestens ein weiteres Frauenhaus in Gelsenkirchen. Dass eine hohe Zahl von Hilfesuchenden abgewiesen werden muss, weil zu wenig Plätze zur Verfügung stehen, ist ein unerträglicher Zustand. Damit treibt man Betroffene geradewegs zurück in die Hände ihrer Peiniger.“

Dabei ist der reale Bedarf aufgrund einer hohen Dunkelziffer nicht berücksichtigt. „Viele Betroffene trauen sich leider nicht Hilfe zu suchen. Wenn wir mehr Plätze in Frauenhäusern schaffen und aktiver für Hilfeangebote werben, verbunden mit einer Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für das Thema, können wir Leid mindern. Es muss gehandelt werden, und das unverzüglich. Darin sollten nicht nur die Linke ihre Verantwortung sehen, sondern alle anderen politischen Akteure im gleichen Maße. Es ist ein gesellschaftliches Problem, welches nur gesamtgesellschaftlich angegangen werden kann.“

 

Thema beschäftigte auch Ausschuss


Das Thema war auch Gegenstand im Ausschuss für Arbeit und Soziales der Stadt am 10. Januar. Dort hielt unsere Stadtverordnete Bettina Angela Peipe folgende Rede: 

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

der Vortrag, den wir gerade gehört haben, war sehr umfassend und daher sind einige meiner Fragen und Anmerkungen, die ich hatte, bereits beantwortet worden, bzw. haben sich erledigt. Dafür danke ich Ihnen. Ich werde deswegen meine vorbereitete Rede jetzt einmal zur Seite legen und so noch einmal ein paar Gedanken formulieren, die mir durch den Kopf gegangen sind, bei der Vorbereitung auf das Thema.

Seit Februar 2018 ist die Istanbul Konvention rechtlich verbindlich. Trotz dieser Tatsache starben in 2020 139 Frauen durch die Hand ihrer Partner oder Expartner. Mindestens jede 4. Frau hat einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren. In NRW wurden trotz dieser erschreckenden Zahlen nach Angaben unserer frauenpolitischen Sprecherin gerade einmal 51 neue Frauenhaus- Plätze im Zeitraum 2020/21 geschaffen. Der Bedarf liegt bei über 1000.

In Gelsenkirchen fehlen immer noch mindestens 13 Plätze und es müssten, wenn man die Plätze für Kinder hinzuzählt, mehr sein. Allein in Gelsenkirchen konnten 60, respektive 90 Frauen in 2020 nicht aufgenommen werden, sie haben es gerade in Ihrem Vortrag erwähnt. In 2019 waren es 81.

Man geht von einem Bedarf von 1 Platz auf 7500 Einwohner aus. Davon sind wir noch Lichtjahre entfernt. Es ist in den letzten Jahren nicht zu einer auskömmlichen Ausstattung der Frauenhäuser gekommen.  Ob sich unter einer neuen Regierung im Bund und Land etwas ändert wird sich erweisen. Trotz medienwirksamer Me-too Kampagnen hat sich an der realen Finanzierung nichts Entscheidendes verändert. Solche Kampagnen müssen sich in finanziellen Mitteln für wichtige Projekte wie mehr Frauenhäuser niederschlagen, sonst bleiben sie Makulatur. Mir fällt hier das Gandhi- Wort ein: Den Hungrigen muss Gott in Form von Brot erscheinen. Hier könnte man abgewandelt sagen: Den von Gewalt bedrohten Frauen muss Gott in Form von freien Frauenhausplätzen erscheinen. In dieser Hinsicht ist in den letzten Jahren nichts Entscheidendes passiert. Das ist schlichtweg indiskutabel.  Deswegen begrüßen wir auch das durch die Oberbürgermeisterin angestrengte Interessenbekundungsverfahren für ein zweites Frauenhaus.

Es ist keiner Frau zuzumuten, die sich unter Angst und in großer Not, womöglich mit Kind und Kegel aus dem Haus geschlichen hat, auf einen freien Platz zu warten oder sich womöglich quer durch die Republik verschicken zu lassen, nur um einem gewalttätigen Ehemann zu entkommen. Der Staat ist hier in der Pflicht, sich für die Sicherheit dieser Frauen stark zu machen.

Zumal alle uns bekannten Statistiken sagen, dass die Gewalt gegen Frauen sich während der Pandemie massiv verschärft hat.

In diesem Zusammenhang würden wir uns eine kurze Darstellung wünschen, wie weit die Bemühungen, um ein neues zweites Frauenhaus für Gelsenkirchen bis Stand heute gediehen sind. Von unserer Seite können Sie jedenfalls mit jeder nötigen Unterstützung rechnen.