Für Sie gelesen ...

Liebe Bücherwürmer, Leseratten, Bibliophile und Vielleser!

An dieser Stelle werden in Zukunft in unregelmäßigen Abständen immer wieder Leseempfehlungen zu finden sein. In der Flut der überflüssigen Bucherscheinungen sollen diese Vorschläge eine Richtschnur für den interessierten Leser sein, um Bücher zu finden, die des Lesens wert sind.

Die Linke Gelsenkirchen möchte dazu beitragen, dass Menschen wieder mehr lesen, sich besser informieren, um auf diese Weise stärker vor Kampagnenjournalismus, dem man leider selbst in den öffentlich-rechtlichen Medien nicht entgeht, gefeit zu sein. Das eigene Denken zu stärken, die eigene Kritikfähigkeit zu schulen, anstatt sich von anderen das Denken abnehmen zu lassen, soll Ziel dieser Seite sein.

Zum Einstieg liefert Die Linke Gelsenkirchen eine Liste mit Buchvorschlägen. Alle Bücher auf dieser Liste sind eigentlich ein Muss, wenn man in der momentanen Situation ernsthaft mitdiskutieren möchte. Nur so gelingt es, sich selber ein Bild von der politisch-ökonomischen Situation zu machen, ohne auf dubiose Zeitgeistapologeten à la Henkel, Sinn, Sarrazin, Raffelhüschen, Baring, Sloterdijk, Meckel und ähnliches Gelichter hereinzufallen

Wir wollen bei den Buchvorstellungen bewusst auf umfangreiche Inhaltsangaben und kritische Kommentierungen verzichten, sondern nur mit einigen Anmerkungen Lust machen, das Buch selbst zu lesen, Neugier zu wecken. Alle hier genannten Titel sind von mir persönlich ausgewählt und gelesen worden, und ich denke, ich kann jedes Buch davon mit gutem Gewissen weiterempfehlen.

In diesem Sinne wünschen wir viele interessante Lesestunden mit den ausgewählten Büchern und hoffentlich viele neue Einsichten.

Ihre Buchvorkosterin

Bettina Angela Peipe

 

Das Herz schlägt links / Lafontaine

Oskar Lafontaine, als was hat man ihn nicht alles bezeichnet. Kaum eine andere Figur der politischen Szene in Deutschland musste solche Dreckkübel ertragen, die über ihm ausgeschüttet wurden. Eine englische Zeitung auf BILD-Niveau bezeichnete ihn gar als „gefährlichsten Mann Europas“, und wissen Sie warum? Lafontaine hatte es gewagt, sich gegen die Wünsche der Finanzindustrie für eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte einzusetzen. Ein Vorschlag, der uns die massiven Folgen der Finanzkrise erspart hätte. Er forderte faktisch nichts anderes, als ein System wiedereinzuführen, welches uns über 40 Jahre hinweg Wohlstand und Wachstum eingetragen hatte. Anstatt dass ihm dies Respekt eingetragen hätte, kostete ihn das die Kanzlerschaft und statt seiner wurde ein neoliberaler dummschwätzender Niedersachse auf diesen Posten gehievt, der ungefähr so sozialdemokratisch war wie Herr Seehofer treu und Frau von der Leyen christlich. Er trat, nachdem er merkte, dass selbst seine eigene Partei völlig auf diesem neoliberalen Irrweg angekommen war, konsequenterweise zurück. Und wissen Sie, wie man so ein Verhalten nennt: Charakter haben! Er wollte nicht mittragen, dass seine eigene Partei ihre Wahlversprechen brach, weil er genau wusste, dass das nicht nur der SPD den Hals brechen würde, und weil er klar vor Augen hatte, wohin neoliberale Politik das Land bringen würde.
Liest man Lafontaines Bücher, dann finden sich dort sämtliche Warnungen vor den Auswüchsen dieser neoliberalen und damit unsozialen Politik, lange bevor andere auch nur daran dachten diese Richtung zu kritisieren. Hätten die deutschen Wähler auf seine warnende Stimme gehört, dann wäre ihnen das ganze Desaster der Finanzkrise, an der die europäischen - und damit auch die deutschen - Steuerzahler noch die nächsten Jahrzehnte abzahlen werden, erspart geblieben. Die neoliberale Politik von CDU/CSU und FDP, aber auch deren Weiterführung unter ROT/GRÜN und später unter der großen Koalition hat dem Casinokapitalismus, wie ihn Lafontaine nennt, Tür und Tor geöffnet und somit die  Weltwirtschaft an den Rand der Katastrophe geführt. Die Mainstream-Presse ließ keine Gelegenheit aus, Lafontaine auch persönlich zu diskreditieren. Er war der Spalter, der Diktator, der Napoleon von der Saar. Man dichtete ihm gar, in Ermangelung wirklich substanziell haltbarer Kritik, eine außereheliche Beziehung zu Sahra Wagenknecht an, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem Lafontaine sich schon mit dem Problem Krebserkrankung konfrontiert sah. Das war zweifellos einer der absoluten Tiefpunkte des deutschen Journalismus oder was sich dafür hält. Wer sich von diesem ganzen gedanklichen Müll einmal befreien und stattdessen Lafontaines Sicht der Dinge lesen möchte, dem sei dieses Buch empfohlen.

Ein wichtiges, interessantes Buch, das dem Leser die Gelegenheit bietet, sich ein eigenes Bild zu machen.
Lesen!

Die wahren Kosten des Krieges / Stiglitz

Joseph Stiglitz liefert hier zusammen mit seiner Co-Autorin Linda Bilmes ein wirklich aufrüttelndes Werk ab. Stiglitz, seines Zeichen einer der berühmtesten Wirtschaftswissenschaftler der Welt - er erhielt u. a. 2001 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften -, beschreibt hier zusammen mit Bilmes die Kosten des Irakkrieges. Allein die sachliche Auflistung dessen, was eine kriegerische Auseinandersetzung kostet, müsste jeden mit Vernunft begabten Menschen von der völligen Idiotie eines Krieges überzeugen. Die Summen sind so gewaltig, dass man sich unwillkürlich fragt: Was hätte man sonst Sinnvolles mit dieser Geldsumme anfangen können? Der Irakkrieg, der am 20.03.2003 begann und ca. siebeneinhalb Jahre später für beendet erklärt wurde, hat nach offiziellen Schätzungen 1000 Milliarden, also 1 Billion verschlungen. Stiglitz und Bilmes weisen jedoch nach, dass nicht nur die finanziellen Kosten erheblich höher liegen, und das selbst bei vorsichtigen Schätzungen. Die Erstauflage des Buches erschien 2008. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten Stiglitz/Bilmes und ihre Mitarbeiter eine Summe von weit über 2 Billionen Dollar errechnet. Summa summarum dürfte sich diese Summe auf über 3 Billionen Dollar bis zum offiziellen Ende des Krieges in 2010 erhöht haben.

Stiglitz nutzt alle öffentlich zugänglichen Quellen, um an Datenmaterial zu den Kriegskosten heranzukommen. Aber Stiglitz zeigt nicht nur die finanziellen Belastungen auf, die dieser Krieg mit sich brachte,  sondern er benennt auch nicht so leicht zu quantifizierende Kosten. Er listet den Verlust von Menschenleben auf, die Schwierigkeiten der psychisch deformierten Soldaten, die Sorgen und finanziellen Belastungen der Soldaten, die verkrüppelt aus diesem Krieg heimgekehrt sind. Er beschreibt die größtenteils mangelnde Versorgung der schwerstverwundeten Soldaten, die zwar in Sonntagsreden als Helden gefeiert, in der Realität jedoch allein gelassen werden.

Stiglitz beschäftigt sich mit dem vorgeschobenen Kriegsgrund: Die angeblich vorhandenen Massenvernichtungswaffen eines Saddam Hussein existierten nicht und dieser Umstand war offensichtlich nicht nur der US-Regierung unter George W. Bush, sondern auch den besonders eifrigen, dienstbeflissenen Unterstützern des Krieges à la Tony Blair bereits vor dem Krieg bekannt.

Stiglitz geht jedoch auch auf Kosten ein, die faktisch nicht zu beziffern sind, so sind während des Krieges unschätzbare Kulturgüter zerstört worden, die unwiederbringlich für die Menschheit verloren sind.

Letztlich geht Stiglitz auch noch auf die politischen „Kosten“ ein. Er beschreibt einen unumkehrbaren Glaubwürdigkeitsverlust der USA in der Welt. Das Image der Vereinigten Staaten hatte besonders unter Bush in einer grandiosen Weise Schaden genommen und der Irakkrieg mit seinem vorgeschobenen Kriegsgrund und seinen massiven Menschenrechtsverletzungen manifestierte dieses schlechte Image.
Stiglitz zeigt schließlich auch auf, dass es - wie bei jedem Krieg, so auch hier - Gewinner und Verlierer gibt, nur nicht so, wie sich dies der Normalbürger vorstellt. Es gab in diesem Krieg ganz klare Profiteure: Das sind riesige Wirtschaftskonzerne, wie die Carlyle Group oder Halliburton, die die Truppen in jeder erdenklichen Form beliefern, und man kann davon ausgehen, dass auf die eine oder andere Weise die ganze Regierungsmannschaft um Bush jun., Condoleezza Rice, Dick Cheney, Donald Rumsfeld, Colin Powell und wie sie alle hießen, zu diesen Profiteuren zählen. Aber auch private Sicherheitsfirmen (das Wort Söldner nehmen die politischen Eliten nicht mehr so gern in den Mund) haben unvorstellbare Summen verdient. Es gilt scheinbar immer noch Wallensteins Motto: Der Krieg ernährt den Krieg!

Auf der anderen Seite gibt es die Verlierer: Das sind die Zivilgesellschaften in Amerika und in Teilen Europas, die die Kosten dieser Kriege zu tragen haben. Anstatt Gelder in den Ausbau der Sozialsysteme zu stecken, müssen sie jetzt Kredite aufnehmen, um die sozialen Kosten der Kriege zu finanzieren. Und bei der Aufnahme dieser Kredite profitieren wieder die wirtschaftlichen Eliten, denn der Staat leiht sich bei reichen Privatleuten, bei privaten Banken und großen Wirtschaftkonzernen Geld, für das diese gigantische Zinszahlungen erhalten.

Dieses Buch muss man einfach lesen. Stiglitz benutzt eine einfache, sachliche Sprache und erst dadurch wird dem Leser die ganze Monstrosität und Perversion dieses und des Afghanistan-Krieges bewusst. Unbedingt lesen!!!

Postdemokratie / Crouch

Mit dem Buch Postdemokratie legt der bekannte britische Politologe Colin Crouch ein Buch vor, das den Leser mehr als nachdenklich stimmt. Crouch analysiert brillant, dass die typische Politikverdrossenheit nicht von ungefähr kommt, sondern sich mehr und mehr aus dem Gefühl der Bürger speist, auf politische Prozesse keinerlei Einfluss mehr zu haben. Entscheidungen werden am Volk vorbei getroffen, der Volkswille, mithin der Wille des eigentlichen Souveräns, wird systematisch missachtet.

Deutschland ist dafür ein beredtes Beispiel. Gleichgültig, ob es um die Verlängerung der Atomlaufzeiten, den Kriegseinsatz in Afghanistan, die Einführung eines Mindestlohnes oder Stuttgart 21 geht: Die Bevölkerung wird nicht gefragt. Ihr erklärter Wille wird mit der ganzen Arroganz der Macht ignoriert. Die Bevölkerung wendet sich mehr und mehr von der Politik ab. Die stetig schrumpfende Wahlbeteiligung erscheint wie eine Resignation vor dieser Missachtung der Bevölkerung durch die Politik.

Crouchs Buch, obwohl nur ein kleines Bändchen, hat hohe Wellen geschlagen, denn es enthält Thesen mit politischer Sprengkraft. Crouch legt sehr schlüssig dar, dass in einem politischen System, das man mit dem Begriff Postdemokratie beschreiben müsste, Demokratie faktisch außer Kraft gesetzt ist. Die Demokratie existiert in weiten Teilen nur noch dem Begriff nach. Alle formalen Kennzeichen einer Demokratie - also Wahlen, Parlamentarismus usw. - sind noch vorhanden und sollen auch erhalten bleiben, aber die eigentliche Macht geht nicht von der wählenden Bevölkerung aus, sondern von einer Art Plutokratie, also von den herrschenden Eliten in Politik und Wirtschaft. Besonders ausgeprägt ist diese Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika, denn dort hat sich genau jener militärisch-industrielle Komplex, vor dem schon Eisenhower (zweifellos ein keiner linken Tendenzen verdächtiger Mann) gewarnt hat. Das eigentlich Katastrophale daran ist jedoch, dass sich dieser militärisch-industrielle Komplex mittlerweile dahingehend verändert hat, dass man ihn faktisch als militärisch-industriell-medialen Komplex bezeichnen muss. Die Geld- und Machteliten sind somit durch ihre schier unerschöpflichen finanziellen Mittel in der Lage, z. B. durch Sender wie Fox News, massiv Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen. Auch Urteile des amerikanischen Supreme Court, wonach Spenden an Parteien in unbegrenzter Höhe erfolgen können, sind bei den  Bemühungen, diese gefährlichen Tendenzen zu stoppen, natürlich völlig kontraproduktiv. Es beginnt sich ein gefährliches Gebräu zu bilden aus Teilen der extrem konservativen amerikanischen Rechten und den diversen evangelikalen Kreisen, zu denen auch Bush und Carter zählen und die vornehmlich durch extremen religiösen Fanatismus auffallen.

Crouch beschreibt das ganze Elend, das neoliberale Wirtschaftspolitik heraufbeschwört, und fordert im Grunde von der Bevölkerung mehr Widerstand gegen diese entmündigenden Tendenzen. Er fordert ein Sich-Einmischen von der Bevölkerung, ein Mehr an politischer Beteiligung, den Einsatz des Internets zur stärkeren Vernetzung, getreu dem Schorlemmer-Motto „Durch demokratiefaule Bürger fault die Demokratie“.
 Crouch liefert mit seinem kleinen großen Büchlein aber auch die ganze Debatte der politischen Wissenschaften, in einem kurzen Abriss. Fazit: ein unglaublich wichtiges Buch. Brillant!!! Lesen!!!

Der globale Countdown / Schumann

Harald Schumann, einer der - neben Ulrike Herrmann - seriösesten Journalisten Deutschlands und einer der Mitbeteiligten am Attac-Bankentribunal, hat mit seiner Co-Autorin Christiane Grefe hier ein Buch vorgelegt, das sich mit den konkreten Auswirkungen der Globalisierung beschäftigt.

Er untersucht die Zusammenhänge zwischen der viel zitierten Globalisierung und den Veränderungen in unserer Gesellschaft. Er weist nach, wie sich nach der Aufkündigung des Bretton-Woods-Abkommens Finanzmärkte verselbständigt haben. Die Finanzindustrie, die zuvor, aufgrund der Erfahrungen mit der Finanzkrise der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, streng reguliert war, entwickelte sich zunehmend im Zuge des fatalen Siegeszuges des Neoliberalismus zu einer unkontrollierbaren Macht, die immer noch dabei ist, ganze Gesellschaften zu zerstören.
Schumann untersucht die Zusammenhänge zwischen dem Steuersenkungswahn und dem zunehmenden Verfall der Kommunen. Er beschreibt dezidiert die Ursachen der Finanzkrise und benennt die Schuldigen aus Wirtschaft und Politik. Er konstatiert ein zunehmendes Wegbrechen der Mittelschichten sowohl in Amerika als auch in Deutschland und fordert einen New Deal für Europa und die Welt. Er prangert die Unfähigkeit der politischen und wirtschaftlichen Eliten an, ein Umsteuern in wirtschaftspolitischer, aber vor allem auch in energiepolitischer Hinsicht auf den Weg zu bringen. Er zeigt den Zusammenhang auf, zwischen dem Wegbrechen der Mittelschicht und dem Aufkommen extrem rechter Tendenzen - momentan besonders massiv in den Vereinigten Staaten von Amerika zu beobachten mit dem Aufkommen der sogenannten Tea-Party-Bewegung, einer gefährlichen Mixtur aus religiösem Fanatismus und Fundamentalismus sowie der amerikanischen Rechten. Er fordert vehement die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Er zeigt Zusammenhänge auf, zwischen einer völlig verfehlten EU-Agrarpolitik, den entfesselten Finanzmärkten und dem Hunger in den Ländern der südlichen Halbkugel. Er prangert Steuerflucht im Umfang von mehreren Hundert Milliarden Dollar im Jahr an und beschreibt die kriminelle Untätigkeit der Politik, wenn es darum geht, Steueroasen trockenzulegen. Er klagt die politischen und wirtschaftlichen Eliten an, den Klimawandel vollständig zu unterschätzen, und weist prophetisch auf die Folgen einer derartigen Entwicklung hin. Der Klimawandel wird ganze Völkerwanderungen provozieren und er wird die Ursache neuer Kriege sein, wenn jetzt nicht radikal umgesteuert wird.

Aber auch die von der Bundesrepublik Deutschland angestrebte Rolle einer militärischen Weltmacht untersuchen Grefe und Schumann konkret. Deutschland unterwirft sich mit seiner „neuen Bundeswehr“ vollständig der Nato-Doktrin, nach der auch Kriege zur Aufrechterhaltung von Märkten und zur Sicherung von Ressourcen möglich sein sollen, sprich: Wirtschaftskriege. Das ist ein gefährlicher und für die beteiligten Soldaten allzu oft ein tödlicher Irrweg. Da hilft auch der widerliche Ekel erregende Trauerkitsch eines dubiosen Herrn von und zu Guttenberg nichts, der die im Krieg ermordeten Soldaten mit seinem Geschwätz noch nachträglich verhöhnt. Er beschreibt den - teils selbst verschuldeten - Niedergang der globalen Institutionen, aber auch den Beginn ihres vielleicht geläuterten Wiederaufstiegs.

Nach all dieser aufgelisteten Tristesse könnte man in Depressionen verfallen, aber genau davor bewahrt dieses Buch, denn es weist auch die Wege aus dieser zerstörerisch wirkenden Situation. Es weist nicht nur auf die Macht der Konsumenten hin, transnationale Konzerne in die Knie zu zwingen, sondern beschreibt eine neue Form der Weltgesellschaft. Unverzichtbare Indizien für diese neue Zivilgesellschaft, die willens ist, sich, auch über politische Ideologien hinweg, für die Demokratie einzusetzen, sind neue Erscheinungen wie Wikileaks, die Herrschaftswissen allen zugänglich machen und somit die für eine funktionierende Demokratie notwendige Transparenz schaffen. Die empörten Reaktionen der politischen und der Wirtschaftseliten auf die wichtigen Veröffentlichungen von Wikileaks erinnern ein wenig an das Goethe-Gedicht vom Zauberlehrling und den „Geistern, die ich rief“. Denn ein Instrument wie das Internet, welches neue Handelswege und Möglichkeiten des Geldverdienens eröffnete (was erwünscht war), erweist sich - Schockschwerenot! - plötzlich als widerspenstiges demokratisches Machtinstrument, das sich gegen die Mächtigen richtet und das nicht nach Belieben kontrolliert werden kann. Gerade das ist ein Grund mehr, Wikileaks und ähnliche Plattformen zu unterstützen. Auch alle Versuche, den Wikileaks-Gründer Julian Assange zu diskreditieren, muss man bislang wohl glücklicherweise als gescheitert bezeichnen, - tja, wie heißt es bei James Thurber so schön: „It is not so easy to fool little girls nowadays, as it used to be.“ Menschen beginnen, sich global zu vernetzen und Druck auf Regierungen auszuüben. Alle diese Möglichkeiten sollten genutzt werden und alle Versuche, das Internet einzuschränken, gehören unterbunden.

Schumann und Grefes Buch gehört mit zum Besten, was in den letzten Jahren erschienen ist und sollte unbedingt gelesen werden!!!
Brillant und verständlich geschrieben und ebenso brillant recherchiert.

Ein prachtvolles Buch, das man lesen muss!!!
http://wikileaks.ch/
Spenden an wikileaks:
http://wikileaks.ch/support.html
Hier ein Link zur Sendung  Banken gerettet – Bürger zahlen? Eine Bilanz im Jahre drei der Finanzkrise mit einem längeren Interview mit Harald Schumann auf Kontext-TV .
http://www.taxjustice.net/cms/front_content.php?idcat=2&client=1&lang=2

Der gekaufte Staat / Adamek

Nein, verehrter Leser, es geht nicht um eine Bananenrepublik in fernen Landen. Sascha Adamek und Kim Otto beschäftigen sich in ihrem Buch mit Deutschland.

Gehören Sie immer noch zu den Menschen, die glauben, Gesetze sollten in den Parlamenten beschlossen werden und glauben Sie ferner, dass dies in Deutschland auch so ist? Dann wird Ihnen dieses Buch einen Schock versetzen. Es klärt Sie nämlich darüber auf, dass Gesetze zunehmend von Beratungsagenturen und großen Rechtsanwaltskanzleien geschrieben werden, vorzugsweise natürlich von solchen, die auch große Wirtschaftskonzerne zu ihrer Klientel zählen.

In den diversen Ministerien gibt es sogenannte „Leihbeamte“,- das klingt hübsch, nicht? Jemandem in der Not etwas zu leihen, kann ja nicht schlecht sein, und bei Beamter, da denkt man doch gleich an den rechtschaffenen, pflichtbewussten Herrn mit preußischem Arbeitsethos und Ärmelschonern, wie er vor seiner standhaften Schwiegermutterzunge sitzt, die in dem unvermeidlichen vergilbten Plastikkörbchen vor sich hinvegetiert. Ich fürchte nur, ganz so ist das nicht. „Leihbeamte“ sind Menschen aus der Großindustrie, die in den Ministerien sitzen und Gesetze schreiben, die ihren Arbeitgebern aus der Großindustrie genehm sind. Sinnigerweise werden diese Leute auch weiterhin von ihren eigentlichen Arbeitgebern bezahlt. Gab es da nicht mal ein schönes deutsches Sprichwort, das da lautete: „Wes’ Brot ich es, des Lied ich sing!“  Wer jetzt meint, solche Praktiken seien politische Korruption, der wird sofort von unseren politischen Eliten eines Besseren belehrt. Heute schimpft sich das „Nutzung externen Sachverstandes“ (Sollte man nicht annehmen, dass Menschen in Ministerien gut dafür bezahlt werden, sich den erforderlichen Sachverstand selbst „draufzuschaffen“.) oder „Drehtüreffekt“, weil dieser Karrierepfad natürlich auch in die andere Richtung funktioniert. Mittlerweile  sitzen und saßen fast 100 „Leihbeamte“  in deutschen Ministerein und haben so an Gesetzen mitgeschrieben, die eigentlich in Ihrem Interesse, lieber Leser, beschlossen werden sollten.

Wenn Sie also mehr über diese dubiosen Machenschaften wissen möchten, dann lesen Sie dieses phantastische, brillant recherchierte  Buch!

Hurra, wir dürfen zahlen / Herrmann

Ulrike Herrmann, (sie erinnern sich, - eine der Getreuen aus dem gallischen Dorf) hat mit ihrem Buch ins Schwarze getroffen. Herrmann beschreibt in ihrer gewohnt intelligent- angenehm- sachlichen Art, warum die deutsche Mittelschicht seit Jahren gegen ihre eigenen Interessen wählt, da sie sich immer noch, mit den Eliten identifiziert, obwohl momentan Solidarität mit den sozial Schwachen die erste Bürgerpflicht wäre. Zumal man sich nach einer möglichen Firmenpleite des eigenen Arbeitgebers nur allzu schnell in der viel geschmähten Unterschicht wiederfinden könnte.

Da die überwiegende Mehrheit der Leser dieser Seite sich wohl zur Mittelschicht zählt, möchte ich an Sie die Frage richten: „Glauben Sie, dass auch die Ackermänner, Schrempps, Essers und Middelhoffs dieser Gesellschaft gegen ihre eigenen Interessen wählen?“ Dieses merkwürdige Verhalten der Mittelschichtwähler ist anscheinend immer noch der sogenannten „trickle-down-Theorie“ geschuldet, die besagt, dass Wirtschaftswachstum und  Wohlstand der Reichen irgendwann auch zu den unteren Einkommensschichten „durchsickern“ werden. Manche Mythen sind halt zäh

Die Mittelschicht bricht in Deutschland und vor allem in den Vereinigten Staaten von Amerika mehr und mehr weg. In den letzten 20-25 Jahren hat sich  die Einkommensschere extrem geöffnet. Mit anderen Worten, die Mittelschicht rutscht mehr und mehr in die Unterschicht ab. Trotzdem zählen sich bei Befragungen nur 3% der Deutschen zur Unterschicht. Untersucht man die Lage jedoch nach Einkommenskriterien, so stellt man fest: in Deutschland gehören mittlerweile 25% der Bevölkerung zur Unterschicht- möglicherweise auch Sie

All diese wirklich erhellenden Erkenntnisse können Sie diesem Buch von Ulrike Herrmann entnehmen. Sie benutzt eine klare, unaufgeregte Sprache, schreibt sehr verständlich und faktenreich über die Themen, die uns alle betreffen: Über die Ausbildung Ihrer Kinder, über versteckten Reichtum, über Strategien des Adels, über die Vermögensverteilung in Deutschland.

Wenn Sie also mehr über den „Selbstbetrug der Mittelschicht“, so der Untertitel des Buches, erfahren wollen, dann kaufen Sie dieses Buch.

Erstklassig!!!

Gescheitert! / Flassbeck

Heiner Flassbeck ist einer der wichtigsten Wirtschaftswissenschaftler des Landes. Er arbeitet seit 2000 als Chef- Volkswirt bei der UNCTAD. Er ist einer der schärfsten Kritiker der momentan herrschenden angebotsorientierten Wirtschaftspolitik.

Er beschreibt in diesem Buch die Ursachen der Finanzkrise und die aus marktwirtschaftlicher Sicht gebotenen Lösungswege. Er verteufelt zu Recht den vorherrschenden Casinokapitalismus und beschreibt, dass scheinbar die herrschenden Eliten aus Politik und Wirtschaft nichts aus der Finanzkrise gelernt habe. Es gibt keine wirklichen Bemühungen um eine dringend notwendige Regulierung der Finanzmärkte, keine Initiativen zur Erhebung einer Finanztransaktionssteuer, die zwingend notwendig wäre

Flassbeck beschreibt auch, wie sehr die politischen Eliten sich an der Zerstörung von Volksvermögen beteiligen und zeigt die diversen Verflechtungen auf, die dringend einer Korrektur bedürften. Er stützt die These Albrecht Müllers, dass die Politik den dubiosen Machenschaften der Finanzindustrie, unter großem Beifall der üblichen Verdächtigen aus dem neoliberalen Lager, Vorschub geleistet hat und bescheinigt ihr damit eine Mitschuld an den katastrophalen Entwicklungen der letzten Jahre auf den Finanzmärkten. Heiner Flassbeck skizziert in scharfsinniger Weise eine Geschichte des Scheiterns der neoliberalen Wirtschaftsdoktrin.

Ein sehr interessantes Buch, verständlich und teilweise sehr humorvoll geschrieben. Eine exzellente Analyse der Ereignisse.

Hervorragend!

 

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