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Der Jugendring lädt ein

Am 28.04.17 fand das denkwürdige Ereignis "Politbistro" statt. Der Jugendring, ein Zusammenschluss von 26 Jugendverbänden, lud alle Landtagskandidaten zum Politbistro, einer Art „Speed Dating“ mit den Parteienvertretern. Alles sollte angeblich ganz parteiunabhängig sein, aber scheinbar hatten wieder die „üblichen Verdächtigen“ gründlich mobilisiert. Etwa 80% der anwesenden Jugendlichen im Plenum stammten von den Falken. Und was glauben Sie jetzt lieber Leser, welche Partei bei der Schlussabstimmung gewonnen hat? Trommelwirbel! Ich weiß, Sie können die Spannung kaum ertragen. Spot an: Die SPD!!! Wow, was für eine Überraschung! Soweit also alles wie immer und ziemlich vorhersehbar, aber kann man es damit bewenden lassen?

Was Jugendliche hier lernen, ist nicht der verantwortungsbewusste Umgang mit Demokratie und Parlamentarismus, sondern, wie man am geschicktesten Wahlen manipuliert. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, lieber Leser, aber ich gehöre zu den Menschen, die nicht gern ihre Zeit verschwenden, also frage ich mich immer, warum solche Veranstaltungen stattfinden. Nur damit am nächsten Tag in der Zeitung steht, dass die SPD gewonnen hat?

Was an solchen Veranstaltungen allerdings wirklich ärgerlich ist: hier werden Kinder und Jugendliche zur bloßen Staffage degradiert. Man streicht den Jugendlichen um den Bart und schmiert ihnen Honig ums Maul, während man gleichzeitig ihre Zukunft durch politische Fehlentscheidungen in die Tonne tritt.

Dass man mit solchen Show-Veranstaltungen seine Zeit und die der Jugendlichen verplempert, wäre schon ein ausreichender Grund, solche Auftritte abzulehnen. Aber, was viel schlimmer ist und das sollte man nicht unkommentiert lassen: Jugendliche werden hier regelrecht instrumentalisiert und benutzt und das ist wirklich schändlich!

Dass sich die Moderatoren, die an den Tischen die „Diskussionen“ leiteten und wohl hauptsächlich aus den Jugendverbänden kamen, für so etwas einspannen lassen, ist peinlich. Wenn es gut lief, hatte man ca. 2,5 Min. pro „Diskussion“, allein das ist schon ein schlechter Witz. Hier wird den Jugendlichen eine Ernsthaftigkeit vorgegaukelt, die das Ganze nicht hatte.

Alle Parteien machen, genau wie die Moderatoren, dieses unwürdige Spektakel mit und machen gute Miene zum bösen Spiel, um nicht als schlechter Verlierer dazustehen, aber damit verschafft man gleichzeitig dieser Polit- Clownerie eine Legitimität und eine Respektabilität, die sie nicht verdient. Dass die Presse dazu kein kritisches Wort schreibt, sondern das Ganze als Hochamt der Demokratieeinübung preist, macht die Sache dann restlos unappetitlich.

War bei dieser hohlen Veranstaltung eigentlich irgendjemand ernsthaft an Politik interessiert oder ging es hier nur um bloße Selbstbeweihräucherung und das johlende, schenkelklopfende Beklatschen der eigenen Großartigkeit?

DIE LINKE lädt alle Jugendlichen, die - abseits solcher abgeschmackter, banaler Tralala-Events, die nur noch Demokratie simulieren sollen -, wirklich über politische Themen diskutieren wollen, zu sich in den Werner- Goldschmidt- Salon ein.

Das ist vielleicht nicht so „hip“ wie „Speed- Dating“, aber dafür geht man auch hinterher mit Informationen nach Hause, die einem vielleicht helfen, die Dinge besser zu durchschauen und sich eigene Gedanken zu machen. Erwachsen werden, beginnt damit, auch Eltern und Autoritäten in Frage zu stellen, sonst bleibt man ein unmündiges Kind.

Wie groß das Unwissen über Politik ist, zeigte sich im Ergebnis. Drei Parteien mit einer neoliberalen Grundausrichtung auf den ersten drei Plätzen. Das ist mit dem Wort verheerend eigentlich gar nicht mehr zu umschreiben. Aber warum sollte es bei den Jugendlichen besser aussehen, als bei vielen Erwachsenen?

Neoliberalismus ist die größte Gefahr für die Demokratie und die desorientierte Bevölkerung, die Jugend einschließlich, kennt vermutlich nicht einmal den Begriff. Da wird einem angst und bange um die Zukunft der Welt und um die berühmten 99%, die die Folgen dieser desaströsen Politik tragen müssen.

Da hilft nur der Versuch, mit vielen Mitstreitern weiter aufzuklären und die Selbstgewissheit vieler Leute ins Wanken zu bringen, getreu dem Goethe- Wort: Mit dem Wissen wächst der Zweifel.

Bettina Angela Peipe